Teenager-Liebe ist ohnehin schon kompliziert. Nicht leichter wird es da, wenn Kommunikationsschwierigkeiten dazu kommen. Freak City erzählt eine berührende Coming-Of-Age-Geschichte, verpackt in eine authentische Teenager-Komödie rund um den 15-jährigen Schüler, der versucht einem gehörlosen Mädchen näherzukommen.
Die Handlung
Der 15-jährige Mika (Luke Piplies) ist ein typischer Berliner Realschüler. Höchst pubertierend dreht sich bei ihm alles um Quatsch machen und Sex. Als er mit seinen Freunden zum ersten Mal Lea (Dana Cermane) sieht, fällt ihm sofort auf, dass an ihr etwas anders zu sein scheint. Auf die dummen Sprüche und Anmachen der Jungs reagiert sie nämlich gar nicht. Als Mika einige Tage später Lea erneut im Jugendcafé „Freak City“trifft, erfährt er, dass sie taub ist. Ganz perplex weiß er nicht wie er damit umgehen soll und geht erst einmal auf Abstand. Bis ihm die Idee kommt, seine Ex-Freundin Sandra (Julia Müller) eifersüchtig zu machen, indem er einen Gebärdensprachkurs macht und Lea näher kennenlernt. Schnell merkt Mika aber, dass seine Gefühle nicht so eindeutig sind, wie er dachte und aus dem anfänglichen Spiel, sich mehr entwickelt.
Kritik
Freak City ist die Jugendbuchadaption von Regisseur Andreas Kannengießer, für die er sogar vom Wim-Wenders-Stipendium ausgezeichnet wurde.2014 begann er bereits mit der Arbeit an der Verfilmung des Jugendromans von Kathrin Schrocke.
Sechs Jahre später ist ein sehr besonderer Film entstanden, der Themen wie Inklusion, Verständnis, Liebe und Freundschaft grandios und mit einer jugendlichen Leichtigkeit miteinander verknüpft. Stets hat man das Gefühl keine gecastete Profi-Schauspieler zu sehen, sondern Jugendliche, die man in jeder deutschen Stadt an der Bushaltestelle oder im Kino genauso treffen könnte. Von einer künstlichen oder überhöhten Filmsprache und zu gewollten Drehbuchsätzen ist keine Spur. Ebenso fehlt (zum Glück) eine „auf extra cool gemachte“ Inszenierung wie man sie so häufig in deutschen und internationalen Teenie-Filmen sehen kann. Stattdessen bleibt Freak City in seinem Grundton immer unaufgeregt und nah an den Protagonisten und driftet weder in das melodramatische noch kitschige ab. Ganz deutlich wird hier, dass es ein Film für Jugendliche ist, der sie verstanden hat, buchstäblich ihre Sprache spricht, auch wenn sie manchmal für außenstehende unverständlich zu sein scheint.
Unaufdringlich bringt Freak City jungen und alten Zuschauern gleichermaßen die Welt der Gehörlosen und heutigen Jugendlichen bei und ist vor allem ein Film mit und nicht über Gehörlose. Denn sowohl Lea als auch Mika haben Probleme und fühlen sich beide von ihren Familien missverstanden und überhört. Während Leas Eltern sich der Gebärdensprache und somit einer Kommunikation auf Augenhöhe mit ihrer Tochter verweigern und sie somit an den Rand drängen, wird Mika (und seine kleine Schwester) von ihren Eltern nur missverstanden und mit Elternphrasen überhäuft, während ihre eigene Ehe langsam zerbröckelt. Trotzdem wird Lea über den gesamten Film hinweg wegen ihrer Beeinträchtigung nie in die Opferrolle gedrängt und bleibt einer der stärksten Charaktere im Film. Auch wenn der Film sehr authentisch die Probleme thematisiert, die mit dem Gehörlosen-Dasein einhergehen, wird darauf nie der ganze alleinige Fokus gelegt. Viel mehr dient Leas Zustand im Film auch als Katalysator für eine sich entwickelnde Freundschaft und Liebe, die Erfahrungen und Leiden des Jungseins und dass Sprache viele Formen und Facetten haben kann. Denn die schönsten Szenen im Film sind die, in denen man nur durch das Beobachten der Mimik und Gestik in Kombination mit einem sehr gut gewählten Soundtrack und den Gebärdenuntertiteln den Charakteren näher kommt und ihre ganz eigene Welt eintaucht.
Dass Hören nicht gleich Verstehen ist und wir alle Wege finden müssen, uns miteinander zu verständigen und über unsere Unterschiede hinweg zu kommunizieren, sind die wichtigsten Botschaften des Films. Da mit einem deutschlandweiten Kino-Release leider nicht mehr zu rechnen ist, darf man nur hoffen, dass Freak City seinen Weg in öffentlich-rechtliche Mediatheken und Klassenzimmer findet. Denn äußerst wertvoll, gefühlvoll, authentisch und nah an der Jugend unserer Zeit ist das, was man hier zu sehen bekommt.