Es gibt Filme, die wollen nichts weiter, als unterhalten. Und dann gibt es Filme wie „Bonhoeffer“, die mit einer Agenda ins Kino marschieren – oder zumindest mit der Erwartung, eine größere Debatte anzustoßen. Ab dem 13. März ist das Biopic über den berühmten Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer auch in Deutschland zu sehen. Doch statt begeisterter Vorfreude dominieren Schlagzeilen über fragwürdiges Marketing, politische Vereinnahmung und einen unglücklichen Kinostart.

Zwischen Glauben und Geheimdienst – die Handlung von „Bonhoeffer“
„Bonhoeffer“ erzählt die Geschichte eines Mannes, der früh erkannte, dass Widerstand gegen Hitler nicht nur eine Option, sondern eine moralische Pflicht war. Jonas Dassler („Der Goldene Handschuh“) schlüpft in die Rolle des Theologen, der zunächst mit Worten gegen das NS-Regime kämpft, dann aber erkennt, dass nur drastischere Maßnahmen Erfolg versprechen könnten. Der Film zeigt ihn auf seinem Weg vom Pazifisten zum Mitglied einer Widerstandsgruppe – und wirft dabei eine brisante Frage auf: Kann ein Mann, der Nächstenliebe predigt, ein Attentat planen?
Doch der Teufel steckt im Detail. Während die realen historischen Ereignisse bereits dramatisch genug wären, nimmt sich das Drehbuch einige Freiheiten. Die größte Kontroverse? Das US-Marketing stellt Bonhoeffer als „Pastor. Spion. Assassin.“ dar – eine Zuspitzung, die nicht nur bei Historikern, sondern auch bei der Familie Bonhoeffers für Entsetzen sorgt.
Hochkarätiger Cast, zweifelhafte Intentionen
Für ein Biopic dieser Größenordnung hat sich Regisseur und Drehbuchautor Todd Komarnicki („Sully“) eine beachtliche Besetzung gesichert. Neben Dassler sind auch August Diehl („Inglourious Basterds“), Moritz Bleibtreu („Alles Fifty Fifty“) und Flula Borg („The Suicide Squad“) mit von der Partie. Besonders spannend: Brit-Star David Jonsson („Rye Lane“) spielt Frank Fisher, einen prägenden Weggefährten Bonhoeffers in den USA.
Trotz dieser namhaften Besetzung ist es weniger das Schauspiel, das für Diskussionen sorgt – sondern die Frage, wer den Film produziert hat. Angel Studios, das Unternehmen hinter „Sound of Freedom“, ist bekannt für Filme mit stark ideologischer Prägung. Kritiker werfen ihnen vor, Bonhoeffer in einen amerikanischen Kulturkampf zu ziehen, in dem sein Widerstand gegen die Nazis plötzlich als Kampf gegen den „modernen Liberalismus“ missdeutet wird. Die deutschen Darsteller haben sich bereits von dieser Interpretation distanziert.

Historisches Drama oder politisches Minenfeld?
Dass Biopics historisch nicht immer zu 100 % akkurat sind, ist bekannt. Doch „Bonhoeffer“ geht über übliche dramaturgische Zuspitzungen hinaus. Der Film wird von rechten Kreisen in den USA als eine Art Kampfansage gegen den modernen Zeitgeist vereinnahmt – eine Verzerrung, die der realen Figur Bonhoeffers völlig widerspricht.
Regisseur Komarnicki betont zwar, dass sein Film damit nichts zu tun habe, doch die US-Vermarktung spricht eine andere Sprache. In Deutschland wird sich zeigen, ob das Publikum ihn als würdiges Biopic oder als missverständliche Heroisierung eines Widerstandskämpfers wahrnimmt.
„Bonhoeffer“ könnte eines der meistdiskutierten Biopics des Jahres werden – nicht wegen seiner filmischen Qualität, sondern wegen der Frage, wem dieser Film eigentlich gehört. Zwischen Hollywood-Dramatik und historischer Wahrheit klafft eine Lücke, die Bonhoeffers Erben und deutsche Zuschauer sicher mit kritischem Blick betrachten werden.